Mittwoch, 26. August 2009

Jetzt ist es soweit: Buenos Aires wir sind da!

Sodallöchen bevor die Tanja einen Purzelbaum macht :-) fang ich nun mal lieber an zu schreiben. (Sonst würde das ohnehin wohl nichts mehr werden).
Nach einigen mehr oder weniger komplizierten Komplikationen bin ich jetzt schon fast einen Monat in la Argentina (wie die Einheimischen hier zu sagen pflegen).

.... Wasserbeine im Flugzeug, wegen welchen ich mich ca. 3 Stunden in der Bordküche aufhalten musste, in der ich auf einem Crewsitz (eher so unbequem wie ein Notsitz) meine Beine hochlegen sollte, weil das Wasser bereits über die nicht mehr sichtbaren Knöchel lappte.

.... eine Reiselektüre die die Flugangst (besser gesagt Panik) schürt. Die Spiegelausgabe mit dem Titel "Die Ohnmacht der Piloten, wenn Computer im Cockpit zum Risiko werden" die am Eingang auslang, verbessert nicht wirklich das Wohlbefinden der Passagiere. Da konnte man von Glück sprechen dass nicht im Anschluss ein
Flugzeugkatastrophenfilm gesendet wurde.

.... die Umstellung von Hochsommer zu Tiefwinter (ohne Heizung, was bedeutet dass die Außentemperatur gleich der Innentemperatur ist jippppi). Allerdings hat sich das Klima diese Woche gedacht "ach warum eigentlich nicht mal warm werden?" und es ist plötzlich ziemlich heiß geworden, nämlich ca. 15 Grad wärmer. Jetzt hat es plötzlich bis zu 28 Grad und alle laufen rum wie im wärmsten Sommer. In den U-Bahnen, die fast immer hoffnungslos überfüllt sind und in denen man von Glück sprechen kann, wenn man bei seiner Parada das Schiff verlassen darf, hat es immer mindesten gefühlte 70 Grad. Die Ansammlung von Menschenmassen gekoppelt mit hohen Temperaturen, die wenn man aussteigt wieder sehr niedrig werden, ist natürlich der größte Freund der Schweinegrippe, die hier Grippe A genannt wird. Welchen Wurzeln die Namensgebung entspringt ist mir nicht klar, aber vielleicht will man gewappnet sein wenn es mutierte Formen gibt. Da will man dann mit der Namensgebung bei der vielen Mutation nicht hinterherhinken und nennt sie kurzum Grippe B und C und D usw.

.... die Feststellung dass Lateinamerikaner doch nicht deutlicher, ordentlicher und verständlicher als Spanier reden. Teilweise besteht eine Vorlesung nämlich aus einem Satz, weil der Professor es nicht wagt seinen Redefluss zu unterbrechen. Als wahrer Argentinier lässt man Kommas, Punkte, Absätze, das Signal des Beginns eines neuen Themas... einfach unter den Tisch fallen. Man redet und redet als wäre die ganze Vorlesung ein einziger Satz. (Spass bei Seite, einige sind sehr gut zu verstehen, aber da ich ja den Spaß nicht bei Seite lassen kann...)

.... die Erfahrung dass (fast) alle argentinischen Männer hässlich und (fast) alle argentinischen Frauen magersüchtig sind. Wirklich ohne Witz: die meisten Männer hier sehen aus als wären sie gerade aus dem Bett gerollt. Naja möglicherweise sind sie nur mit argentinischen Frauen kompatibel, die sich dann den am schönsten aus dem Bett Gerollten aussuchen. Womöglich sind argentinische Frauen auch zu schwach sich um Äußerlichkeiten von Männern zu bemühen, da sie chronisch unterernährt sind. Ich habe mal nachrecherchiert und herausgefunden, dass es in Argentinien weltweit die meisten Anorexiefälle nach Japan gibt. Und auch operiert sind hier sooooo viele. Direkt neben unserem Eingang ist der eines Schönheitschirurgen. Da sagt dann schon mal ne Freundin, wenn sie länger vor der Tür warten muss: "boa da ist grad eine rein gelaufen, die hatte soooooooolche Lippen, die lässt sich jetzt wohl die Brüste machen..." Und Hosen die gibt es hier nur bis Größe 26. Das ist die größte Größe die hier geführt wird, sie nennt sich L. (Nur in wenigen Läden gibt es größere und die sind mit der Lupe zu suchen). Fühlt sich etwas komisch an in einem Land zu sein, in dem seine Konfektionsgröße nicht geführt wird. Naja womöglich ist dass der Grund für die Hohe Anorexiequote.

.... die Erkenntnis dass allein auf der Straße bewegen nach Anbruch der Dunkelheit gefährlich und nach Ladenschluss gegen 10 Uhr waghalsig ist. Sicherheitsvorkehrungen überall. In (fast) allen Läden, so klein sie auch sind, stehen mehr oder weniger motivierte Sicherheitsmänner. Nein letztes mal hat mich auch eine Sicherheitsfrau der mir zustehenden Toilette zugewiesen. Das hat aber eher Seltenheitswert. Jedes Hochhaus, und hier gibt es nahezu nur diese Art von Bauwerken, hat Parterre einen wunderschönen und eleganten Eingangsbereich, oftmals mir Marmor verziert und sehr modern gehaltenen. Betrachtet mann aber die restlichen Stockwerke, so richtet man seinen Blick eher auf bruchbudenartige Konstrukte. Ganz nach dem Motto "Unten Hui oben Pfui!". Hier ist zudem in fast jedem Haus ein Doorman tätig, der kontrolliert wer ein- und ausgeht und sich wahrscheinlich um vielerlei andere unwichtige Dinge kümmert. So genau kann ich das nicht sagen, weil wir keinen haben :-). Aber zurück zum Thema Sicherheit. Als ich nach Buenos Aires kam, war mir nicht bewusst, dass man hier ständig und überall seine Hand fest in die Henkel seiner Tasche krallen muss. Anfangs hatte mir eine bolivianische Kommilitonen erzählt, dass man einfach den richtigen Gang drauf haben müsse, immer mit Fokus, schnellen Schrittes, nicht verträumt. Das habe ich dann auch gleich ausprobiert auf dem Heimweg. Gar nicht so einfach. Immer mit Fokus schnellen Schrittes kann bei zu schnellem Schritt ängstlich wirken, will man aber die Angst unterdrücken kann es bei zu sicherem Blick zum Ausdruck von Arroganz kommen usw... ;-).... Den perfekten Gang bei Dunkelheit hab ich für mich noch nicht entdeckt.
Geschäfte laufen hier dem Anschein nach so große Gefahr ausgeraubt zu werden, dass sie ständig ihr Bargeld den Sicherheitsmenschen geben. Dies führt dazu, dass sie niiiiiiemals Wechselgeld haben, was zu einem kleinen bis größten Problem wird und zwar dann, wenn man mit einem 100 Peso Schein (was ca. einem Wert von 20 Euro entspricht) zahlen möchte. Das komische dabei ist aber, dass vom Bankautomaten lediglich 100 Peso Scheine ausgespuckt werden und die müssen dann ja mal irgendwie in den Umlauf gebracht werden können. Geht aber nicht. So kam es dazu, dass ich mich ca eine halbe Stunde im Supermarkt an der Kasse angestellt habe (hier wird seeeeeeehr seEEEEEEEhr langsam kassiert) bevor mir der Kassierer gesagt hat, dass ich hier mit so einem großen Schein nicht zahlen kann. Naja die netten Asiatinnen im anderen Laden wechseln ihn manchmal sagen aber vorher: "Huuuu! Huuuuu!" und verstecken ihn dann schnell unter der Kasse. :-))))) Ach ja und es wird ständig kontrolliert ob man jemandem Falschgeld gibt oder nicht. Jeder hält den ihm gegebenen Schein zunächst einmal unter eine sichere Lichtquelle. Außerdem läuft man ständig Gefahr selbst welches zu bekommen. Münzgeld existiert, aber keiner hat welches. Ist ein Kommabetrag zu zahlen, beispielsweise im Taxi, so lässt der Taxifahrer die Zahl nach dem Komma wegfallen hat man diesen nicht klein. Praktische Sache. Zum Problem wird das nur bei Busfahrten, da muss man nämlich Kleingeld haben, sonst darf man nicht mit.
Kurzum: man hebt bei der Bank Geld ab, kann damit aber nicht zahlen in den meisten Läden. Man braucht Kleingeld um Bus fahren zu können. Es existiert aber nahezu keins. Komisches System.

.... die Unheimliche Dürre. Hier hat es in diesem einen Monat einmal Nachts (in meiner Abwesenheit) geregnet und einmal tagsüber genieselt. Durch den vielen Staub und die Trockenheit kommt man sich vor als würde man von innen austrocknen. Teilweise kann ich mehrere Tage keine Brille tragen, weil meine Augen keine Flüssigkeit produzieren und sie viel zu trocken für Kontaktlinsen sind. Ob die sich daran noch gewöhnen ist fraglich. Letztens habe ich eine Professorin gefragt, die sich mit dem Klima auszukennen schien, warum es hier denn so trocken ist und sie meinte: " Nein ist es nicht! hier ist es so feucht, als wären wir inmitten des Río de la Plata". Da kann man dann auch nichts mehr sagen (vor Austrocknung!!!).


.... Rücksichtslose Autofahrer. Zebrastreifen bedeutet: Geh besser an dieser Stelle nicht über die Strasse. Strassen die so breit sind, dass man sich bei allem Optimismus nicht zutraut diese in einer Ampellänge überqueren zu können. Busfahrer die während der Fahrt Gäste ein- und aussteigen lassen. Hupen bedeutet: lauf weg sonst fahr ich dich tot, bremsen werd ich bestimmt nicht! Simone hat mir erzählt dass Verkehrstod die zweithöchste Todesursache in Buenos Aires ist. An erster Stelle steht der Tod durch abgestürzte Fahrstühle!!!!!!!!! :-)

Soviel zu den ersten cultural clashes. Im Großen und Ganzen ist es hier aber eeeecht cool. Argentinier sind zum Großteil supernett und aufgeschlossen. Jeder gibt dir sofort seine Nummer oder E-Mail-Adresse und will dir helfen.
Buenos Aires schläft niiiiieeeeemals. Das gefällt mir!!!

(Tanja ich hoffe ich habe dich fürs Erste zufriedengestellt ;-))

Und für all diejenigen die vom lesen noch keinen kulturellen Shock erlitten haben und noch stramm im Stuhl sitzen, gibt es hier noch einige ILLUSTRATIONEN ZUM GESCHRIEBENEN:

http://picasaweb.google.de/chicainba8/BuenosAiresErsteEindrucke?authkey=Gv1sRgCO2X_qvn0vDCXw#